Top Spin Restaurantkritik von Shaney Mac

Hier: Solingen Widdert — Zu Gast im Restaurant TopSpin des STC unter neuer Leitung: erste Eindrücke

Als ich bereits Mitte März aus gut informierten Kreisen erfuhr, dass Merih Demir das Vereinsrestaurant des Solinger Tennis-Club 1902 übernehmen und dort Anfang Mai an den Start gehen würde freute ich mich.

Denn man muss sicher kein allzu großer Solingen-Gastro-Intimus sein um zu wissen, dass Demir, der mir vor etwa zehn Jahren erstmalig als Sous Chef im Pfaffenberg auffiel um dann später lange Jahre in Mario Ciccimarras Landhaus Sonneneck die Küche zu leiten, ein sehr achtbarer und fleißiger Vertreter seines Handwerks ist.

Ich war gespannt wie er sich womöglich von der Küche des Sonnenecks – dessen Karte mich immer ob ihres Spagats zwischen italienisch und regional-gutbürgerlich leicht irritiert, obwohl ich dort nach wie vor gerne esse – emanzipieren, oder ob er diese Ausrichtung weiter fortführen würde, zumal auch noch keine Karte online zu finden ist.

Kurzentschlossen reservierte ich gestern Mittag einen Tisch für den Abend, das Sommerwetter mit erträglichen Temperaturen brachte mich latent in bella italia Stimmung: besonders war mir nach frischem Fisch und einem kühlen Glas Weißwein, warum nicht an der gepflegten Anlage des traditionsreichen Tennisclubs.

Warum ich, wie eigentlich geplant, vorerst vor einem Zweitbesuch keine ausführliche Rezension mit der von mir eigentlich so ungeliebten Sternewertung schreiben werde sondern zunächst mit diesen klar empfehlenden Zeilen verbleibe, erkläre ich gleich noch.

Lage Lage Lage…

Ich war Jahrzehnte nicht mehr auf dieser Tennisanlage und eines sei selbst Solingern versichert, die hier noch nie vor Ort waren: ohne Navigation oder zumindest einen halbwegs informierten Blick auf Google Maps & Co. wird man diese wunderschön ruhig gelegene Sportstätte nur schwerlich finden.

Was allerdings auch unzweifelhafte Vorteile hat: sitzt man auf der Terrasse, hört man außer Vogelgezwitscher und dem beinahe schon kontemplativen – es war nur ein Platz belegt bei unserem Besuch – Spielgeräuschen von der Anlage eigentlich kaum etwas.

Eingetreten blickt man linker Hand auf die „Hall of fame“ des traditionsreichen Clubs, eine Fotowand erinnert an Jahrzehnte des erfolgreichen, hochklassigen Tennis, das hier geboten und gepflegt wird.

Erinnerungen werden dann auch im Gastraum wach, wie in so vielen landläufigen Vereinsgaststätten atmet man dort die Ästhetik der 80er, aber es wurde dezent modernisiert und man kann sich dort im Winter sicher auch durchaus wohlfühlen.

Dahinter öffnet sich hinter einer breiten Fensterfront die Terrasse mit Panoramablick über die gesamte Anlage mit ihren gepflegten Plätzen.

Murat Demir, der Bruder des fleißigen Herrn über Töpfe und Pfannen, hilft tatkräftig im Service und war mit einer Kollegin zugange, die Begrüßung war herzlich, wie auch schon die telefonische Reservierung, man zeigte uns unseren Tisch auf der Terrasse.

Auf der Karte und dem Tisch

Die Karte, so erklärte er mir, wechsele häufig und sei noch nicht ganz fertig sondern noch leicht improvisiert, was auch daran liegt, dass in Sachen Küchenausstattung noch das ein oder andere folgen und Merih Demir mehr Möglichkeiten bieten wird.

Daher finden sich momentan auf dem A4-Blatt lediglich zehn Gerichte, was mich aber grundsätzlich immer positiv stimmt, da es in einem Fall wie diesem klar für frische Küche spricht, und da gilt in meiner Welt stets „Weniger in gut ist mehr als viel in schlecht!“.

Das Thema Italien findet sich auf dieser Karte momentan nur in Form von Spaghetti AOP mit Garnelen, ansonsten versucht man mit zwei Salaten, gutbürgerlichen Dingen wie Wiener Schnitzel (vom Kalb, was lediglich angesichts des Preises erwähnenswert ist!) oder Heringsstipp mit Bratkartoffeln, Kalbsgeschnetzelten mit hausgemachten Spätzle, Curry-Bandnudeln oder einem Rumpsteak möglichst viele Geschmäcker innerhalb dieser Auswahl abzudecken. Die Karte habe ich natürlich als Leser-Service gerne fotografiert und hier beigefügt, die Preise sind heutzutage als günstig zu bezeichnen, ein „echtes“ Wiener Schnitzel vom Kalb zu 20,50 sei hier ein gutes Beispiel.

Tagesgerichte komplettieren, Murat Demir erzählte von Spargel mit Wienerschnitzel, meine ständige Begleitung sagte mir später er habe erwähnt, dass es noch mehr gäbe er aber nicht sicher weil er gerade erst gekommen sei – das allerdings muss ich überhört haben und sah erst als wir gingen, das innen über der Theke noch eine Tafel mit überaus verlockenden Dingen hing, wenig einsehbar wenn man den Raum in Richtung Terrasse durchquert.

Daher an dieser Stelle ein wohlmeinender Tipp an das Topspin: bitte kauft Euch eine Aufstelltafel, platziert sie am Eingang zur Terrasse und stellt so sicher, dass jeder Gast sie auch wahrnimmt, denn vom liebenswürdigen Bruder, der noch nie in der Gastronomie tätig war und hier neben seinem Hauptberuf hilft kann man nicht erwarten, dass er routiniert die Tageskarte an Mann und Frau bringt.

Und dieser Umstand ist auch ein Grund dafür, neben der noch sehr frühen Findungsphase des Lokals, das ich noch warten möchte mit einer Rezension. Denn auf dieser Tageskarte standen mit einem Vitello Tonnato, Spaghetti mit frischen Pfifferlingen und vor allem einem im Ganzen servierten Wolfsbarsch gleich mehrere Dinge, die ich liebend gerne gehabt und die auch in Sachen Küche für meinen Geschmack einen schöneren Blick in die hiesige Kulinarik nach meiner Fasson ermöglicht hätten.

Aber wir sollten auch so weder enttäuscht noch hungrig nach Hause zurückkehren, wir starteten mit etwas, das sich auch an Nebentischen großer Beliebtheit erfreute.

Vorher erreichte aber noch eine sehr gut temperierte Flasche Haaner Medium, die 0,75 l Flasche im Kühler mit Eiswürfeln serviert (innerer Szenenapplaus bei mir, selbst in durchaus gehobenen Häusern im Sommer nicht immer die Regel), den Tisch – und das zu fairen 5,50 €.

Der Limencello Spritz meiner Mitbewohnerin sollte ebenfalls nicht überzogene 6 € kosten und wurde sehr gelobt, was ich nach einem Probeschluck mittels des umweltfreundlichen Strohhalms auch nachvollziehen kann; herrlich erfrischend.

| Vorspeise |

Hausgemachtes Roggenbrot mit Aioli, Peperoni und Oliven – 6,90 €

Zwei warme Scheiben des Brotes wurden serviert, das kleine Pizzabrötchen sah nett aus und war fluffig, allerdings kalt, es hätte mir frisch aus dem Ofen wesentlich besser gefallen.

Dazu recht milde, lange Peperoni und mit Frischkäse gefüllte, so wie man sie von der türkischen Feinkost-Theke kennt und große, recht aromatische grüne Oliven, eine halbierte Kirschtomate.

Ebenfalls vorhanden: eine Scheibe augenscheinlich hausgemachter Kräuterbutter (sehr gut!) und Aioli. Die Aioli grundsätzlich ok, wenn auch sehr mayonnaisig und sehr brav in Sachen Knoblauch, eine Aioli braucht Knoblauchschärfe und davon war nichts zu spüren.

Das war schon ok und erfüllte als kleiner Appetitmacher seinen Zweck, ich müsste aber lügen wenn ich jetzt behaupten würde das hätte nun ekstatische Glücksgefühle verursacht, wofür hauptsächlich die sehr milde Aioli verantwortlich war, von der es gerne noch etwas mehr hätte sein dürfen.

| Hauptgerichte |

Spaghetti AOP mit Gambas und Rucola – 18 € TopSpin Salat mit Putengyros und Tzatziki – 14 €

2021 Chardonnay, Weingut Borgo Molino, Ormelle, Venetien, Italien – 0,1 l zu 4 €

Ich bat darum meine Spaghetti scharf zu servieren, da mir die AOP im Sonneneck zwar immer sehr gut schmeckten, aber mir die Schärfe immer abging.

So ganz traute man sich immer noch nicht aber das hübsch auf den Teller gebrachte Gericht wusste trotzdem sehr zu überzeugen. Obwohl der Knoblauch auf den ersten Blick teilweise grenzwertig dunkel geraten war, hatten sich keine unangenehmen Bitternoten entwickelt sondern eine subtile Nussigkeit – das gefiel mir gut, wenn es Absicht war natürlich ein heikler Ritt auf der Rasierklinge.

Die Pasta auf den Punkt, die Garnelen (ansprechende Sortierung(Größe)) ebenfalls: saftig und mit leicht süßlicher Aromatik, gute Ware wie es schien ohne es hinterfragt zu haben.

Dazu der Rucola mit seinen leicht herben, senfigen Noten, die der naturgemäßen Öligkeit des Gerichtes gut zu Gesicht standen.

Wunderbar, würde ich jederzeit wieder essen, der optimal temperierte Chardonnay aus dem Veneto machte als Begleiter einen guten Job, wobei er regionstypisch eher florale Leichtigkeit und wenig Körper mit sich brachte, AOP mit Garnelen vertragen gerne auch etwas mehr Wucht.

Aber es war ein qualitativ guter Wein und damit auch Teil dieser ersten Visitenkarte des Hauses.

Madame verspeiste das, was einige anwesende Damen ihr später gleichtun sollten: einen gemischten frischen Salat mit Pfannengyros von der Pute und hausgemachtem Tzatziki.

Auch wenn das sicher keine Sternstunde in Sachen pittoresker Anrichtung war, konnte der Teller schwer begeistern. Der Salat war frisch und kein Gastro-Mix aus der großen Tüte – sehr beliebt in Solingen ohne Namen zu nennen – das Öl-Essig Dressing sei „köstlich“ (habe ich probiert, jo, lecker), Gyros und Tzatziki ebenfalls, es wurde alles komplett und mit Appetit verspeist – nun denn, happy wife, happy life.

| Dessert |

Rotwein-Sorbet – 2,50 €

Bei den Desserts bietet man mit Tartufo und Cassata eher sahnige (bzw. Ricotta bei der Cassata) Nachspeisen, aber eben auch ein Sorbet. Und bei einem guten Sorbet sage ich selten nein, ich mag es im Dessert eher erfrischend fruchtig statt mächtig und süß – es sei denn ich bin in Österreich.

Das Rotwein-Sorbet kam mit einer halbierten frischen Erdbeere in einem gläsernen Eisbecher und sollte frappierend an das „Barolo-Sorbet“ des Sonneneck erinnern, das dort seit Jahren einen beliebten Klassiker auf der Karte darstellt.

Dabei in Textur und Geschmack mit einer gewissen Sämigkeit behaftet, die man eher bei einem Parfait erwarten würde, trotzdem noch mit genügend Säure um die erhoffte Erfrischung zu bewirken, handwerklich gut und nicht im Ansatz kristallin, ein kleines Dessert für das wohl jeder noch Platz finden würde. Sehr schön.

Die Bezahlung konnte problemlos per Karte bzw. Handy am Tisch erledigt werden und ich erhielt eine ordentliche Rechnung sowie einen ausgedehnten Plausch mit Murat Dehmir:

| Fazit |

Ich denke ja immer, mich kennt kein Mensch aber man hatte mich erkannt, wir tauschten uns ein wenig aus und ich versicherte ihm, dass wir zufrieden waren und das ich alles erdenklich Gute für den Start in die Selbstständigkeit wünsche und ganz sicher nicht mit voreiligen Schlüssen Störfeuer aufbieten, sondern gerne mit Feedback meinen Teil für einen erfolgreichen Anfang leisten würde.

Und dafür gab es auch überhaupt keinen Grund, wir hatten eine gute Zeit auf der Terrasse, fühlten uns wohl und auch auf dem Teller gab es fast nichts zu bemäkeln, im Gegenteil.

Wir kommen sehr gerne wieder und dann achte ich auch selbst nochmal genau auf die Tageskarte, schreibe eine komplette Rezension auf GastroGuide und sorge für etwas Reichweite.

Klare Empfehlung für eine neue gastronomische Option in Solingen, die einen Blick lohnt: und damit neben dem WMTV Restaurant „Turnhalle“ nun das zweite mir persönlich bekannte Vereinslokal in Solingen, welches dem diesem Genre anhängende Vorurteil – das leider nicht von ungefähr kommt – von Fritteusen-Schnitzeln mit Fertigsoßen & Co. dankenswerter Weise nicht gerecht wird.

Also dann: Bis bald am Tennisplatz, liebe Demirs, ich freue mich auf Wolfsbarsch und alles was noch kommt!


Restaurant TopSpin
Widderter Str. 12A
42657 Solingen

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